„Bald nach ihm erschien ein halbnackter Vegetarier, der erste einer langen Reihe, in Sandalen und einer Art von baumwollener Hemdhose. Er hatte, wie die meisten Brüder seiner Zunft, außer einiger Arbeitsscheu keine Laster, sondern war ein kindlicher Mensch von rührender Bedürfnislosigkeit, der in seinem sonderbaren Gespinst von hygienischen und sozialen Erlösungsgedanken ebenso frei und natürlich dahinlebte, wie er äußerlich seine etwas theatralische Wüstentracht nicht ohne Würde trug.
Dieser einfache, kindliche Mann machte Eindruck auf Reichardt. Er predigte nicht Hass und Kampf, sondern war in stolzer Demut überzeugt, dass auf dem Grunde seiner Lehre ganz von selbst ein neues, paradiesisches Menschendasein erblühen werde, dessen er selbst sich schon teilhaftig fühlte. Sein oberstes Gebot war: „Du sollst nicht töten!“, was er nicht nur auf Mitmenschen und Tiere bezog, sondern als eine grenzenlose Verehrung alles Lebendigen auffasste … Er fand es aber auch mörderisch, Blumen abzureißen und Bäume zu fällen. Reichardt wandte ein, dass wir, ohne Bäume zu fällen, ja keine Häuser bauen könnten, worauf der Frugivore eifrig nickte: „Ganz recht! Wir sollen ja auch keine Häuser haben, so wenig wie Kleider, das alles trennt uns von der Natur und führt uns weiter zu allen den Bedürfnissen, um derentwillen Mord und Krieg und alle Laster entstanden sind.“ Und als Reichardt wieder einwarf, es möchte sich kaum irgendein Mensch finden, der in unserem Klima ohne Haus und ohne Kleider einen Winter überleben könnte, da lächelte sein Gast abermals freudig und sagte: „Gut so, gut so! Sie verstehen mich ausgezeichnet. Eben das ist ja die Hauptquelle alles Elends in der Welt, dass der Mensch seine Wiege und natürliche Heimat im Schoß Asiens verlassen hat. Dahin wird der Weg der Menschheit zurückführen, und dann werden wir alle wieder im Garten Eden sein.“
Hermann Hesse: Der Weltverbesserer
Seitdem es Menschen gibt, sehnen sie sich nach dem Paradies, mit dessen Schilderung sogar das Buch der Bücher seinen Anfang nimmt – nicht ohne deutlich zu machen, dass die menschliche Kulturentwicklung erst begann, als Gottvater den Menschen aus dem Garten Eden vertrieb. Er hatte den Baum der Erkenntnis vermutlich nicht ohne Grund gepflanzt und wahrscheinlich sogar darauf spekuliert, dass Mann und Frau von ihm essen. Sonst hätte er es ja auch lassen können.
Die Erlangung eines paradiesischen Zustandes von immerwährender Harmonie und Friedfertigkeit haben sich Menschen in allen Zeiten und Epochen herbeigesehnt. Die Konflikthaftigkeit der Existenz ist schwer zu ertragen; Gedankenspiele, wie man ihr entgehen könnte, haben angesichts von Krisen und Kriegen zu jeder Zeit Hochkonjunktur. Leben heißt manchmal auch: kämpfen müssen. Wer sich damit schwer tut, ist besonders anfällig für Heilsbotschaften aller Art. Eine der jüngsten ist die seit einigen Jahren in Mode gekommene Ernährungsform des Veganismus, dessen positive Aspekte nicht infrage gestellt werden sollen. Vielmehr geht es darum, die ideologischen Argumente seiner Verfechter kritisch zu hinterfragen.
Der Veganismus geht über eine vegetarische Ernährung deutlich hinaus. Während Vegetarier lediglich auf Fleisch und meistens auch auf Fisch verzichten, aber Eier und Milchprodukte in ihrer Ernährung zulassen, verzichtet der Veganer auf alles, was vom Tier stammt: nicht nur auf Milchprodukte und Eier – für deren Herstellung ja schließlich kein Tier getötet werden muss -, sondern meist auch auf Honig, Leder und Wolle in der Kleidung sowie Kosmetika und Medikamente mit tierischen Inhaltsstoffen. Ethisch, ökologisch und spirituell motivierte Veganer begründen ihre Ernährungsweise damit, das Recht von Tieren nicht verletzen zu wollen, da diese ähnlich wie der Mensch ein komplexes Sozialverhalten, sowie Intelligenz und Leidensfähigkeit besitzen. Man will Tieren das Leid, das mit ihrer Haltung verbunden ist, nach Möglichkeit ersparen. Außerdem benötigt der Fleischkonsum über die dazu notwendige Tierhaltung mehr Land-, Energie- und Wasserressourcen als eine vegane Ernährung und belastet die Umwelt dadurch in stärkerem Maße. Die Folgen sind z. B. Entwaldung und ein erhöhter Methanausstoß aus dem Darm von Wiederkäuern. Auch herrschaftskritische Aspekte kommen ins Spiel: Fleisch gilt Veganern als ein Symbol menschlicher Dominanz über das Tier, was sie ethisch für nicht verantwortbar halten. Andere Veganer praktizieren diese Kostform aus spirituellen Gründen, weil sie der Ansicht sind, rein pflanzliche Kost gebe ihnen eine größere Gottnähe und eine ethische Überlegenheit über fleischessende Mitmenschen.
Wenn manche Anhänger der rein pflanzlichen Kost die vegane Ernährung als „Peacefood“ bezeichnen und damit implizit jeden Fleischesser als einen Verzehrer von „Warfood“ diskreditieren, stellen sich die Fragen: Wo bleibt das Feingefühl für diejenigen Mitmenschen, für deren Ernährung Fleisch essentiell ist? Ist Veganismus eine Form alternativ angehauchten Gutmenschentums und eine sich momentan sehr in Mode befindliche Art der ökologischen political correctness? Vegane Ernährung soll Körper und Seele heilen, tiereiweißhaltige Kost also krank machen. Eine solche Aussage ist hinterfragbar, wie noch auszuführen sein wird.
Nachdem die Aufklärung uns immerhin die Freiheit der Presse, der Meinungsäußerung und der Kunst gebracht hat, plädiere ich für die zusätzliche Einführung einer Freiheit der Ernährung! Was ein Mensch isst, was ihm schmeckt, was er als lecker empfindet und wonach sein Körper verlangt – dazu gehört auch der Appetit auf Fleischgerichte – das alles ist seine Privatsache! Und zwar ebenso wie seine Meinung, seine Religion oder seine Parteizugehörigkeit. Moralische Bewertungen haben auf dem Felde der Ernährung nichts zu suchen. Wenn sich jemand vegan ernähren möchte, sei ihm das unbenommen, das Thema dagegen ethisch aufzuladen und Fleischverzehrern auch noch zu suggerieren, sie würden sich erstens krank essen, seien zweitens mitschuldig an der Klimakatastrophe und würden drittens auch noch dem Weltfrieden im Wege stehen, geht nun wirklich zu weit. Zumal es etliche gute Gründe dafür gibt, sich nicht vegan zu ernähren, und die Verfechter dieser Kostform manche der von ihnen vorgebrachten Argumente schlichtweg nicht konsequent und differenziert genug zu Ende gedacht haben.
Dass die Ausweitung der Nutztierhaltung mit der Rodung von Wäldern und dem Methanausstoß aus Tierdärmen eine ökologische Belastung darstellt, ist nicht von der Hand zu weisen. Insofern ist moderater oder reduzierter Fleischkonsum tatsächlich eine Art von Klimaschutz. Dennoch greift die Argumentationskette zu kurz, denn die Ausweiterung der Tierhaltung ist in erster Linie eine Folge unseres Bevölkerungswachstums und somit nicht die eigentliche Ursache für die Belastung des Klimas. Diese ist ausschließlich in unserer eigenen wachsenden Population zu sehen. Sieben Milliarden Menschen sind, ökologisch betrachtet, für den Planeten Erde schon jetzt einige zu viel – von den zehn Milliarden, die es wahrscheinlich um 2050 sein werden, ganz zu schweigen. Der Philosoph Peter Sloterdijk geht sogar so weit, von einem „Menschentsunami“ zu sprechen, von einer „Unzahl der Aussichtslosen und Überflüssigen“ als Resultat verfehlter staatlicher und katholischer – weil kondomfeindlicher – Biopolitik.
Wer die Zahl der furzenden Kühe reduzieren will, sollte sich deshalb in erster Linie dafür engagieren, wie das Bevölkerungswachstum zu bremsen ist. Das geschieht am besten durch die Verbesserung der Frauenbildung in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Bei Frauen, die eine solide Schul- und Berufsausbildung oder gar ein akademisches Studium durchlaufen haben, reduziert sich das ausschließliche Interesse an Kindern und verlagert sich stärker auf andere Lebens- und Themenbereiche. Sie bekommen – wie viele Akademikerinnen – entweder gar keine Kinder oder nur noch ein bis zwei Nachkommen, aber nicht mehr vier, sechs oder mehr. Nichts bekäme unserem Planeten besser als ein globaler Rückgang der Geburtenzahlen. Wer das Klima retten will, sollte sich also lieber dafür engagieren, Mädchen auch in ärmeren Ländern Zugang zu Schulbildung zu verschaffen und ihnen anschließend die Möglichkeit zu geben, sich am gesellschaftlichen Diskurs zu beteiligen. Nimmt unsere Bevölkerungszahl in den kommenden Generationen allmählich ab, reduziert sich auch der Fleischbedarf automatisch und die verbleibenden Kühe dürfen ihren Darmgasen wieder guten Gewissens freien Lauf lassen. In letzter Konsequenz müsste ansonsten jeder Veganer selbst den Strick nehmen und sein Leben um einige Jahrzehnte verkürzen, um das Klima nicht noch weiter mit eigenen Darmgasen und CO2-Ausstößen zu belasten. Dies nur als Beispiel für die Absurdität solcher Argumentationsketten, denn letzten Endes ist ja jeder, der lebt – ob Mensch oder Tier – eine „ökologische Belastung“ für den Planeten.
Utilitaristisches Denken ist nicht grundsätzlich moralisch verwerflich. Menschen und Tiere besitzen ein Recht darauf, aus ihrer gegenseitigen Beziehung Nutzen zu ziehen. Das Verhältnis Mensch und Haustier ist eine Form der Symbiose, von der beide etwas haben. Und das darf auch so sein.
Der Mensch gewährt seinen Haus- und Nutztieren Unterkunft, Nahrung, Schutz vor Feinden und kann ihnen – durch artgerechte Veterinärmedizin – auch eine hochentwickelte medizinische Versorgung bieten. Dafür schenkt das Tier dem Menschen Fleisch, Milch, Eier und Fell. Das dürfen wir von unseren Tieren auch annehmen, ohne moralische Bedenken haben zu müssen, allerdings unter einer entscheidenden Voraussetzung: wir müssen die Tierhaltung so artgerecht wie möglich gestalten, die Würde des Tieres in hohem Maße respektieren, ihm zu Lebzeiten optimale Lebensverhältnisse bieten und den Prozess der Schlachtung so stress- und schmerzfrei wie möglich gestalten. Die Vorschläge des Moderators und ehemaligen Landwirts Max Moor und seiner Frau Sonja, den Kugelschuss auf der Weide zu praktizieren und den Tieren damit den Stress des Transports zum Schlachthof zu ersparen, sind wertvolle Anregungen auf diesem Weg. Ethik und Geschäft sind durchaus miteinander vereinbar. An der materiellen Seite unserer Existenz ist nichts „Schmutziges“. Und Sterblichkeit und Tod gehören zu unser aller Leben. Statt Fleischesser als unethische Zeitgenossen zu diskreditieren, sollten ideologisch motivierte Veganer sich fragen, ob sie vielleicht ein blockiertes Verhältnis zum „Stirb und werde!“ der menschlichen, tierischen und pflanzlichen Existenz besitzen. Wenn Veganer behaupten, tote Nahrung würde dem Menschen nicht gut tun, dürften sie in letzter Konsequenz nicht einmal einen Salatkopf essen, denn ihn „ermordet“ man schließlich ebenfalls und schneidet ihn von seinen Wurzeln ab, bevor man ihn verzehrt.
Die vegane Ernährung ist eine einseitige und versorgt ihre Vertreter nicht oder nicht ausreichend mit allen essentiellen Nährstoffen. Was eine bekömmliche Kostform für den sensiblen Geistesarbeiter sein mag, der täglich acht Stunden vor dem Computer sitzt, ist für hart arbeitende Männer, z. B. Maurer oder Stahlarbeiter, nicht unbedingt ebenfalls die optimale Ernährung. Wenn die Metzgereiinnung vor einigen Jahren mit dem Slogan warb „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“, spielt sie darauf an, dass Fleisch vor allem auch ein hochwertiger Energielieferant ist. Es enthält pro 100 Gramm nicht nur mehr Kalorien als Äpfel und Salat – es vermittelt im Sinne eines Systems aus der Traditionellen Chinesischen Medizin („Ernährung nach den fünf Elementen“) auch viel Qi (Lebensenergie). Jeder, der gelegentlich hart körperlich arbeitet, wird die Erfahrung gemacht haben, dass er sich nach einer „Kraftbrühe“ mit reichlich Rindfleischeinlage intensiver gestärkt fühlt als durch ein Zucchinisüppchen mit Sojasahne.
Auch gibt es Lebensphasen – beispielsweise Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstum und Alter -, in denen der Veganismus sogar kontraindiziert ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen dringend von dieser Kostform ab, da ihnen ansonsten Mangelerscheinungen drohen. Bei veganer Ernährung besteht immer das Risiko einer defizitären Zufuhr von Energie, Proteinen, Eisen, Calcium, Jod, Zink, Riboflavin, Vitamin D und vor allem von Vitamin B12, welches man nur über tierische Nahrung zuführen kann. Nicht wenige Veganer müssen sich Vitamin B12 regelmäßig injizieren lassen.
Wenn eine Kostform einen Allgemeingültigkeits- und Erlösungsanspruch erhebt, ist das mindeste, was man von ihr erwarten kann, dass sie den menschlichen Organismus ausreichend mit allem versorgt, was er braucht!
Und das ist bis heute nur mit einer einzigen Kostform möglich: der Mischkost aus pflanzlichen und tierischen Produkten. Eine ovo-lacto-vegetabile Ernährung sollte es also mindestens sein. Ansonsten sind eine chronische Unterversorgung mit Vitamin B12 und ein chronisch erhöhter Homocysteinspiegel die Folge. Und das soll gesund sein?
Natürlich hat es große Vorzüge, sich schwerpunktmäßig von Obst und Gemüse zu ernähren und Fleisch nicht in größeren Mengen zu konsumieren, sondern es wie ein Genussmittel nur gelegentlich zu essen – wie bei der guten alten Sitte des Sonntagsbratens. Eine gemüsereiche Kost ist bekömmlich und versorgt den Körper optimal mit basischen Mineralstoffen, aber ein wenig Milchprodukte, Eier und auch etwas Fleisch versorgen ihn eben mit allem, was in Pflanzen wenig oder gar nicht vorhanden ist. Und es gibt noch ein weiteres Argument gegen den Veganismus: Lust und Genuss! Wer Appetit auf ein Brathähnchen, eine Entenbrust, ein Rinderhüftsteak, einen Hirschgulasch, Rehbraten oder eine Schweinelende hat, am besten noch mit feiner Sauce, soll sie doch ohne Gewissensbisse in der Biometzgerei kaufen und daheim mit Genuss verzehren! Menschen, die Lust auf Fleisch, Eier oder Milchprodukte haben, sind keine ethisch zweitklassigen Mitbürger, die das Klima und den Weltfrieden gefährden, sondern sie gehorchen vielleicht nur einem natürlichen Bedürfnis ihres Körpers. Was ist daran verwerflich?
Worüber oft nicht gesprochen wird: sicherlich nicht alle, aber auch nicht wenige Veganer stellen ihre Ernährungsform als die einzig heilbringende dar, weil sie selber tierisches Eiweiß nur schlecht verdauen können. Die psychosomatische Medizin weiß, dass aggressionsgehemmte und konfliktängstliche Menschen oft einen schwachen, untersäuerten Magen haben und nicht ausreichend das Enzym Pepsin für die Eiweißverdauung bilden können. Fleisch und Käse führen bei ihnen zu Verstopfung und Blähungen. Um tierisches Eiweiß zu verarbeiten, braucht es die Aggressivität von reichlich Magensäure.
Eine andere Indikation für vegane Ernährung ist die Autoaggressionskrankheit Rheuma. Rheumapatienten werden meist schmerzfrei, sobald sie konsequent auf tierisches Eiweiß verzichten. Bei ihnen macht vegane Ernährung aus therapeutischen Gründen durchaus Sinn, allerdings ist vegane Kost im Letzten auch nur eine bloße Symptomvermeidungskost. Rheumatismus ist eine Erkrankung von Menschen, die Aggressionen häufig nach innen, also gegen sich selbst richten, statt sie nach außen zu zeigen, wo sie deutlich gemacht werden müssten, um zugrundeliegende Konflikte wirklich lösen zu können. Der konfliktscheue Rheumapatient kann daher nur eine Nahrung vertragen, deren Produktion ebenfalls jeglichen Konflikt, z. B. mit dem zu schlachtenden Tier, nach Möglichkeit vermeidet. Dahinter stehen im Letzten eine tiefe Angst und eine Flucht vor dem Lebenskampf. Auch aus diesen Gründen besitzt der Veganismus kein Potential zur „Normkost“.
Und noch eine weitere provokante These: Zur Totalität des Menschseins gehört es auch, töten zu können. Das ist wörtlich und übertragen zu verstehen. Wenn z. B. in einem Wald der Bestand an Wildschweinen und Rehen zu groß wird, muss er durch Jäger dezimiert werden, da die Tiere sonst zu viel Schaden an Bäumen oder auf den Feldern der Bauern anrichten. Wenn ein von der Familie heißgeliebter Hund alt und krank geworden ist und sich vor lauter Schmerzen nicht mehr bewegen kann, sollte man imstande sein, ihn einschläfern zu lassen. „Töten“ ist zudem – im nicht-wörtlichen Sinne – ein Synonym für die generelle Fähigkeit, “nein“ zu sagen: zu anderen Menschen oder zu Lebensverhältnissen, die als unterdrückend empfunden werden. In einer christlich sozialisierten Kultur, in der Nächstenliebe und „Harmonie“ als gut und begrüßenswert, Abgrenzung, Antipathie und Konflikte hingegen als schlecht und negativ bewertet werden, ist diese Denkweise auf den ersten Blick ungewöhnlich. Hundert Jahre nach Sigmund Freud ist das Christentum allerdings reformierungsbedürftiger denn je. Das Erdendasein ist kein Ringelpietz, in dem sich alle liebhaben müssen. Denn es sind letztlich auch und gerade die Konflikte, die uns weiterbringen, an denen wir reifen und uns entwickeln können.
Zurück zu Hermann Hesse: Am Ende der Erzählung Der Weltverbesserer kehrt der Protagonist Berthold Reichardt nach einem Jahr, das er als veganer Kohlrabiapostel in einer einfachen Blockhütte in den Bergen verbracht hatte, zurück in die Stadt, lässt sich beim Barbier die Haare schneiden, kauft sich einen schicken Anzug und erklärt der von ihm verehrten Frau, Agnes Weinland, die klug genug gewesen war, ihm nicht in sein Einsiedlerdasein zu folgen, seine Liebe. Glücklich mit der Frau seines Herzens vereint, erkennt Berthold am Ende der Erzählung, dass fleischliche Genüsse jeder Couleur doch nicht so ganz zu verachten sind, und findet sein Glück in einer neuen Offenheit für die Welt. Und zwar so, wie sie ist. Denn das Paradies, so hat Berthold erkannt, bedeutet letztlich Entwicklungsstillstand und ein Totsein bei lebendigem Leibe.
Menschliches Leben ist und bleibt konflikthaft bis zum letzten Atemzug – und das ist auch gut so. Wer „Peace“ will und „Peacefood“ empfiehlt, verrät damit nur seinen eigenen Hang zur Regression: eine Sehnsucht nach kindlichem Beschütztwerden, die erwachsene Menschen eigentlich überwunden haben sollten. Dass es Frieden und paradiesische Zustände bestenfalls noch im Mutterleib gibt, nicht aber zwischen dem ersten und letzten Atemzug, hat der Kirchenlehrer Augustinus in seinen Bekenntnissen mit einem berühmten Satz auf den Punkt gebracht: „Unruhig ist mein Herz, bis dass es Ruhe findet in Dir.“
© Margret Rupprecht
Von Fettsucht spricht man, wenn das Körpergewicht eines Menschen das Standardgewicht der Größe-Gewichtstabelle um 20 % übersteigt. Dieser Index ist relativ schematisch und gilt nicht für jeden.
Männer essen anders als Frauen und haben andere Vorlieben in Sachen Nahrungsmitteln. Dies haben klinische Studien belegt. Frauen bevorzugen süße Sachen, während Männer eher auf Salzigem stehen.
Die Symptome der chronischen Polyarthritis werden durch Autoimmunprozesse ausgelöst. Das körpereigene Immunsystem richtet zerstörerische Entzündungsreaktionen gegen sich selbst, die vor allem im Gelenkbereich ablaufen.
Fasten ist eine bewusste Form der Nahrungsverweigerung.
Die Frau wird unkonzentrierter, vergesslicher und fühlt sich häufig antriebslos und niedergedrückt.
Die Parallelität historischer Entwicklungen ist manchmal auffällig: Betrachtet man die Diskussionen der vergangenen Jahre um gesunde Ernährung einerseits und die Notwendigkeit von zusätzlichen Nahrungsergänzungen andererseits…