Arteriosklerose

„Der Mittelpunkt alles Menschenverderbens ist die Verhärtung des Herzens“, schrieb der Pädagoge Pestalozzi im 18. Jahrhundert. Auch wenn er seine Aussage primär im übertragenen Sinne gemeint hat und auf die Gefühlskälte anspielt, lässt sich sein Satz durchaus auch wörtlich verstehen. Die Arteriosklerose, die „Verhärtung“ von Arterien und Herzkranzgefäßen, stellt mit ihren Folgekrankheiten eine der häufigsten Todesursachen dar. Das Wort Arteriosklerose leitet sich von den beiden griechischen Begriffen „arteria – Schlagader“ und „skleros – hart, starr“ ab. Es bezeichnet einen Prozess zunehmender Verhärtung der Gefäßwände mit fortschreitender Lumenverengung. Organe und Gewebebezirke hinter diesen Engstellen (Stenosen) werden chronisch unterdurchblutet und können wegen des daraus resultierenden Sauerstoffmangels sozusagen bei lebendigem Leibe absterben. Herzinfarkt und Schlaganfall sind die bekanntesten Beispiele.

Arteriosklerose: Wie sie entsteht …

Obwohl die Arteriosklerose eine der am besten untersuchten Volkskrankheiten ist, weiß man heute immer noch nicht genau, was sich in den Gefäßen abspielt. Doch gibt es einige plausible Erklärungsversuche, die den Vorgängen relativ nahe kommen.

Am Beginn einer Arteriosklerose entstehen, z. B. bedingt durch Bluthochdruck, feinste Risse an der Gefäßinnenhaut. Der Organismus versucht, diese Defekte zu „flicken“, indem er dort eine kleine Entzündung veranstaltet und den Riss mithilfe von Fetteinlagerungen (Cholesterin) abdichtet. Diese Ablagerungen bilden in der Folge für das vorbei fließende Blut ein gewisses Strömungshindernis. Weitere Fette, Eiweiße und Calcium lagern sich an. Zum Teil ereignen sich an diesen Fettablagerungen auch Blutgerinnungsvorgänge, die zur Bildung kleiner Blutpfröpfe führen.

An der betroffenen Stelle entdifferenzieren sich die Muskelzellen der Gefäßwand, die für die Eng- und Weitstellung zuständig sind. Der Abbau des auch in den Muskelzellen eingewanderten Flickmaterials Cholesterin ist dort nicht möglich. Die Zellen sind mit der Zeit völlig überladen mit Fett und werden aufgrund ihres Aussehens „Schaumzellen“ genannt. Die Anhäufung des Cholesterins führt zur fortschreitenden Zellschädigung und setzt weitere Blutgerinnungsprozesse in Gang. An der Stelle des ursprünglichen Risses hat sich nun eine regelrechte Platte aus Fett, Calcium und Blutpfröpfen gebildet, welche die Gefäßdurchlässigkeit stark einengt und zum völligen Verschluss führen kann. Manchmal lösen sich Blutgerinnsel (Thromben) ab und werden vom Blutstrom so lange weitergespült, bis sie in einer engeren Arterie hängen bleiben und diese völlig dicht machen (Embolie). Besonders häufig spielt sich dieser Vorgang in den kleinen Arterien der Lunge ab.

Bis zu einem gewissen Grad kann der Organismus die Lumeneinengung einer Arterie kompensieren, indem er die kleineren Arterien hinter der Engstelle weiter stellt. Diese verharren dann in Dauerweitstellung. Das heißt aber auch: Auf einen noch weiter erhöhten Sauerstoffbedarf, z. B. bei Bewegung, kann nicht mehr mit einer noch stärkeren Gefäßweitstellung reagiert werden. Die sog. „Durchblutungsreserve“ ist ausgeschöpft.

Ein zweiter Kompensationsmechanismus ist die Ausbildung von Umgehungskreisläufen. In den meisten Geweben gibt es kleine Verbindungen zwischen verschiedenen Arterien. Fällt eine Arterie infolge einer Verengung aus, kann das hinter ihr liegende Gebiet über die andere Arterie mitversorgt werden, indem diese über Verbindungsgefäße Blut in das unterversorgte Gewebe schickt. Umgehungskreisläufe gibt es überall im Körper. Bei Bedarf können sie weiter „ausgebaut“ werden. Dies ist jedoch ein Prozess, der mehrere Monate in Anspruch nimmt.

Arteriosklerose – Symptome und Stadien

Der Straßburger Chirurg Fontaine hat arteriosklerotische Beschwerden nach dem Grad ihrer Kompensation in vier verschiedene Stufen eingeteilt (sog. Stadien nach Fontaine). Die Einteilung richtet sich nach dem Schweregrad der auftretenden Symptome, die sich in den meisten Fällen im Bereich der Beine abspielen:

Stadium I der Arterioklerose

Hier ist die sog. Durchblutungsreserve, d. h. die Weitstellung von Gefäßabschnitten hinter der Engstelle, so weit ausreichend, dass der Patient praktisch keine Beschwerden verspürt. Bei der Gefäßuntersuchung lässt sich höchstens ein Strömungsgeräusch nachweisen, das durch Wirbelbildung des Blutstroms im Bereich der Ablagerung entsteht.

Stadium II der Arteriosklerose

Nun bestehen spürbare Einschränkungen der Gehleistung. In Ruhe ist der Patient zwar noch beschwerdefrei, doch bei anhaltenden Belastungen, z. B. einem längeren Spaziergang, reichen die Kompensationsmechanismen nicht mehr aus, um das Gebiet hinter der Engstelle ausreichend mit Blut (Sauerstoff und Nährstoffen) zu versorgen. Es kommt zu Schmerzen, die den Betroffenen zum Stehenbleiben zwingen. Je schlechter die Kompensationsmöglichkeiten, desto kürzer ist die schmerzfreie Gehstrecke und desto frühzeitiger stellen sich Beschwerden ein.

Stadium III der Arteriosklerose

In dieser Phase reichen die Kompensationsmechanismen auch im Ruhezustand nicht mehr aus. Die Schmerzen sind auch im Ruhezustand vorhanden.

Stadium IV der Arteriosklerose

Die chronische Unterversorgung des hinter der Engstelle liegenden Gewebes führt zum Absterben von Gewebebezirken. Es bildet sich totes Gewebe im lebendigen Organismus – ein gefährlicher Prozess, da es zur Ausscheidung von Leichengiften in den Restorganismus kommt. Die Extremität ist hochgradig gefährdet und muss über kurz oder lang amputiert werden.

Arteriosklerotische Gefäßverengungen finden sich auch im Bereich der Halsschlagader, der Gehirnarterien, der Bauchschlagader (Aorta) und ihrer Abzweigungen, der Armarterien oder der Arterien des Magen-Darm-Kanals.

Je nach Lokalisation sind auch die Folgekrankheiten entsprechend anders gelagert: Arteriosklerose des Gehirns kann zu einem Schlaganfall führen. Am Herzen zeigt sie sich in Form von Angina pectoris, Herzinsuffizienz oder gar Herzinfarkt. Gefäßverkalkungen in der Niere führen zu hohem Blutdruck, da die Niere für die Regulation der Blutdruckhöhe mitverantwortlich ist. Arterienverkalkung in den Beinen bedingt die oben beschriebene Einschränkung der Gehstrecke („Schaufensterkrankheit“) bis hin zum sog. Raucherbein, das im Spätstadium nur noch mit Amputation zu „behandeln“ ist. Eine Arteriosklerose in den Arterien des Beckens kann bei Männern zu Impotenz führen.

Arteriosklerose-Diagnose

Die von Fontaine im Rahmen seiner Stadieneinteilung beschriebenen Beschwerden geben schon einen deutlichen diagnostischen Hinweis auf das Vorhandensein arteriosklerotischer Ablagerungen. Neben der anamnestischen Erhebung der Beschwerden gibt es einige andere Diagnosemethoden wie das Abtasten der Pulse, die lokale Messung des Arteriendruckes, die Wahrnehmung blasser oder bläulicher Hautverfärbungen im betroffenen Bereich, Ultraschalluntersuchungen, Computertomografie oder die sog. Angiografie, eine Röntgendarstellung des Blutgefäßes nach Einspritzung eines Röntgenkontrastmittels. Daneben gibt es die Möglichkeit, insbesondere Halsschlagadern und Aorta mithilfe des Magnetresonanzverfahrens auf Arteriosklerose zu untersuchen. Weitere diagnostische Auskünfte erhält der Arzt durch die Messung von Blutzucker, Blutfettwerten (HDL, LDL, VLDL, Triglyzeride), HBA 1c-Wert, Homocysteinspiegel und Harnsäure.

Arteriosklerose: Ursachen

Für die Entstehung einer Arteriosklerose gibt es zahlreiche Ursachen, unter denen auch psychosomatische Faktoren nicht außer Acht zu lassen sind. Das Krankheitsbild zählt zu den Zivilisationskrankheiten. Risikofaktor Nummer eins ist das Rauchen, da Nikotin zu Gefäßwandschädigungen führt. Weitere Risikofaktoren sind erhöhte Blutfettwerte (sie begünstigen die Anlagerung von Fett an der Gefäßinnenwand), Bluthochdruck (die Druckbelastung provoziert die Bildung von Gefäßrissen) und Diabetes mellitus, der ebenfalls Gefäßschäden nach sich zieht.

Auch negativer Stress kann zu Arteriosklerose führen. Das dabei ausgeschüttete Adrenalin erhöht die sog. Lipolyse, die Freisetzung von körpereigenen Fetten in die Blutbahn, und damit auch den Blutfettspiegel. Männer sind hiervon häufiger betroffen als Frauen. Neben diesen Faktoren gibt es auch eine erbliche Veranlagung zu Arteriosklerose.

Daneben lässt sich jedoch immer wieder beobachten, dass nicht jeder Patient mit erhöhten Blutfettwerten automatisch an Arteriosklerose erkrankt. Das Krankheitsbild kann auch eine Indikatorfunktion für einen dahinter stehenden seelischen Zustand übernehmen (s. u. „Die Bedeutung der Krankheit“).

Betroffene können viel tun, um das Fortschreiten der Arteriosklerose zu verhindern, zumal die Krankheit im Anfangsstadium noch in gewissem Masse reversibel ist.

Schulmedizin bei Arteriosklerose

Im Frühstadium der Arteriosklerose ist durch Ernährungsumstellung und regelmäßigen Ausdauersport eine gewisse Rückbildung der Ablagerungen und eine Verbesserung der Durchblutungssituation noch möglich. Bei fortgeschrittenem Krankheitsbild arbeitet der Arzt mit Blutdrucksenkern (ACE-Hemmern) oder Cholesterinsenkern ((CSE-Hemmern), die das Fortschreiten der Arteriosklerose verlangsamen können, oder er setzt chirurgische Verfahren ein: Erweiterung des verengten Gefäßes mit Hilfe eines Ballonkatheters, Einbau eines kleinen Drahtgitters (Stent) zum Offenhalten des Gefäßes oder Umleiten der Blutbahn (Bypass) mithilfe einer Gefäßprothese oder eines körpereigenen Gefäßes. Doch bevor es dazu kommen muss, können Betroffene eine Menge tun, um die Rückbildung der Ablagerungen anzuregen und einer weiteren Gefäßverengung vorzubeugen.

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Ernährung bei Arteriosklerose

Der Gehalt an Cholesterin in der Nahrung hat weniger Einfluss auf den Cholesterinspiegel als von der Lebensmittelindustrie häufig propagiert wird. Viel entscheidender ist der Gehalt an gesättigten Fettsäuren in den Lebensmitteln: Der Cholesterinspiegel steigt, je mehr Fette tierischen Ursprungs konsumiert werden wie fettes Fleisch, Milch oder Eier. Fette pflanzlichen Ursprungs, z. B. kaltgepresstes Olivenöl, belasten den Blutfettspiegel in der Regel wenig.

Auch ein starker Konsum von raffiniertem (weißem) Industriezucker erhöht die Blutfettwerte, weil Zucker von der Leber in Fett umgewandelt werden kann. Bei der Verstoffwechselung von Zucker wird überdies viel Chrom und andere Mineralien verbraucht, die für die Gesundheit des Herzens wichtig sind.

Auch wenn es banal klingt: Die beste Arterioskleroseprophylaxe besteht in einem reichlichen Genuss von Obst und Gemüse. Darauf kann gar nicht oft genug hingewiesen werden. Obst und Gemüse enthalten große Mengen an Vitaminen und Mineralstoffen, die Herz und Gefäße schützen. Außerdem enthalten sie reichlich Ballaststoffe, die das Cholesterin im Darm binden und so die Aufnahme in das Blut verhindern. Es gibt kaum bessere Cholesterinsenker als Hafer, Hülsenfrüchte & Co. Auch zwei bis drei rohe Karotten am Tag reduzieren den Cholesterinspiegel um 10 – 20 %! Knoblauch, Zwiebeln und Ingwer senken die „Klebrigkeit“ der Blutplättchen (Thrombozyten), die für die Blutgerinnung verantwortlich sind und beugen darüber der Bildung von Blutgerinnseln vor. Das Lebensmittel Natto (gekochte und fermentierte Sojabohnen aus Japan, die auch unter dem Namen “Buddhistenkäse” bekannt sind) enthält das Enzym Nattokinase. Dieses wirkt gerinnungshemmend und beugt der Bildung von Blutgerinnseln vor, weshalb ein regelmäßiger Verzehr von Natto für Menschen mit Arteriosklerose sehr empfehlenswert ist.

Arteriosklerose: Seelische Ursachen?

Arteriosklerose ist ein Krankheitsbild, das immer noch viel zu sehr unter bloß mechanischen Aspekten betrachtet wird: Da ist ein Mensch übergewichtig, hat einen hohen Blutfettspiegel und womöglich Bluthochdruck … folglich ist es „logisch“, dass er Arteriosklerose bekommt. Dem spricht entgegen, dass nicht jeder Patient mit hohen Blutfettwerten oder Bluthochdruck „automatisch“ an Gefäßverkalkung erkrankt, auch wenn es bei vielen anderen der Fall ist. Es spielen also auch noch andere Aspekte mit hinein.

Der psychosomatische Arzt Dr. Ruediger Dahlke weist darauf hin, dass Arterien – symbolisch gesehen – als „Energiestraßen“ des Organismus verstanden werden können – Kraftströme, die Organe und Gewebe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. In diesem Sinne kann die Verhärtung und Erstarrung der Gefäßwände auch als eine Form der Einbetonierung des lebendigen Lebensflusses verstanden werden. Um es mit einem Bild auszudrücken: Aus einem lebendigen, mal breit, mal eng, mal brausend, mal still vor sich hin fließenden Wildbach wird nach und nach ein begradigter, „toter“ Kanal mit betonierten Ufern und stets gleich bleibendem Flussbild. Das Lebendige, das sich durch Hochs und Tiefs und gerade durch den Wechsel von stillen und unruhigen Phasen auszeichnet, ist verloren gegangen und wird in ein enges Korsett gezwängt. Mit der Abnahme von Flexibilität und Elastizität der Gefäßwände steigt zwangsläufig ihr Innendruck. So könnte es auch in der Seele der betroffenen Patienten aussehen: Wie lange schon sind seine lebendigen Impulse immer wieder an den „Betonwänden“ seiner eigenen Normvorstellungen und den Erwartungen der Außenwelt zerschellt? Übernimmt die Arteriosklerose möglicherweise den körpersprachlichen Ausdruck dafür, dass man sich in seiner Lebensgestaltung in ein enges Korsett geschnürt hat, das der Seele die Luft nimmt und in dem man nur noch eingeschränkt emotional lebendig sein kann? Zwänge in Beruf und Familie lassen sich sicher nicht von heute auf morgen abstellen. Doch kann man sich ihrer bewusst werden und daran arbeiten, sie nach und nach kontinuierlich abzubauen. Für Arteriosklerosepatienten ist es wichtig, seelische Blockaden zu erkennen und durch konstruktive Konfliktlösung neue Freiräume für seelisches Wachstum und innere Weiterentwicklung zu schaffen.

© Margret Rupprecht

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