Was essen wir eigentlich?

Moderne Durchschnittskost und ihre Auswirkungen auf psychisches Wohlbefinden und körperliche Leistungsfähigkeit

Die Parallelität historischer Entwicklungen ist manchmal auffällig: Betrachtet man die Diskussionen der vergangenen Jahre um gesunde Ernährung einerseits und die Notwendigkeit von zusätzlichen Nahrungsergänzungen andererseits, so ist nicht zu übersehen, dass die verstärkte Empfehlung von Vitaminen und Mineralstoffen zeitgleich zur Verbreitung mineralstoffarmer und denaturierter Alltagskost, von Konservenbüchsen und Tiefkühlware zugenommen hat. Provokativ formuliert: Konnten Vitamin- und Mineralstoffempfehlungen erst Fuß fassen, nachdem sich Fastfoodketten und Fertiggerichte wie eine Seuche verbreitet haben?

In einer Gesellschaft, in der immer mehr Menschen „ausbrennen“, psychotherapeutische Behandlung brauchen, und multimorbide Patienten den Normalfall darstellen, darf man sich fragen: Was essen wir eigentlich und was macht das mit uns?

Fünf Beispiele und ihre Folgen …

Psychopharmaka für´s Schwein und die Psychopharmaka-Abhängigkeit von Neugeborenen

Das Schwein ist ein hochsensibles Tier. Vor allem bei Schlachtschweinen und Jungbullen werden für eine Verbesserung der Mastleistung, zum Ruhigstellen und zur Verminderung der Stressanfälligkeit dauerhaft Psychopharmaka eingesetzt. Weitaus gravierender als die tägliche Verabreichung kleinerer Dosen mit dem Futter ist die Injektion einer erheblichen Menge kurz vor dem Verladen zum Schlachthof, denn schon eine laut zuknallende Stalltür kann bei den schreckhaften Tieren zum plötzlichen Herztod führen. Laut Hoffmann-La Roche kommen zur Milderung der Transportbelastung „fast alle Neuroleptika und Tranquilizer … in Frage“. Die Risiken für Verbraucher, die regelmäßig Schweinefleisch aus konventioneller Tierhaltung konsumieren, sind dem Gesundheitsministerium seit Jahrzehnten bekannt. Bei schwangeren Frauen mit hohem Schweinefleischverzehr sind deutliche Entzugserscheinungen bei Neugeborenen beobachtet worden, als die Säuglinge nach der Geburt nicht mehr über den Fleischkonsum ihrer Mutter mit den entsprechenden Psychopharmaka „versorgt“ wurden. Die Folgen sind nur in Ausnahmesituationen so deutlich sichtbar. Meistens bleiben sie auf einer kaum nachweisbaren, subtilen und dafür umso gefährlicheren Ebene verborgen. Inwieweit der Endorphinhaushalt von Menschen, die regelmäßig Fleisch von nicht artgerecht gehaltenen Schweinen zu sich nehmen, nachhaltig gestört ist, kann nur vermutet werden.

„Kunstsauer“ statt Sauerteig und die Schädigung der Darmflora

Dass Getreide nicht roh, sondern zu Brot verbacken konsumiert wird, hat einen Grund: Nur wenn Getreide fermentiert wird, kann das in ihm enthaltene Phytin abgebaut werden. Phytin ist ein Bestandteil des vollen Korns, das die Aufnahme von Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitamin B1 an der Darmschleimhaut herabsetzt. Phytin macht manche Eiweiße unverdaulich und blockiert Verdauungsenzyme. Bei der Herstellung von Brot, insbesondere von Vollkornbrot, ist ein Fermentationsprozess erforderlich, der das Phytin abbaut, damit der Gehalt von Wertstoffen vom Darm ausgeschöpft werden kann. Bei einer klassischen Sauerteigführung wird das in vielen Getreidesorten enthaltene Phytin weitgehend abgebaut, bei den modernen, weil zeitsparenden Ersatzverfahren wie dem in vielen heutigen Bäckereien üblichen „Kunstsauer“ jedoch nicht. Vollkornbrote aus dem Supermarkt „taugen wohl als Abführmittel, nicht aber für eine vernünftige Ernährung.“ (Udo Pollmer). Bei der Sauerteigführung geschieht noch mehr: Sauerteig inaktiviert die Abwehrstoffe, die das Korn gegen Verderb durch unerwünschte Mikroorganismen in sich trägt und die eine schädliche Wirkung auf die Darmflora besitzen würden. Die Milchsäurebakterien des Sauerteigs unterstützen die natürliche Darmflora und setzen sich gegen Verderbniserreger durch. Bei handelsüblichen Vollkorn-Backmischungen fehlt diese Fermentation. Die im Korn enthaltenen Abwehrstoffe können die Darmschleimhaut schädigen. Das ist der Grund, warum viele Menschen Flockenmüslis aus Weizen und Roggen nach einiger Zeit nicht mehr mögen, Haferflocken allerdings gerne essen. Der Schalenanteil des Hafers und damit auch sein Phytingehalt ist um mehr als die Hälfte geringer als derjenige von Weizen und Roggen.

„Strahlendes“ Gemüse führt zu Vitaminmangel

Der Einsatz von Gammastrahlen für die Lebensmittelkonservierung hat eine lange Geschichte: Bereits 1916 wurde eine Strahlenbehandlung für Erdbeeren vorgeschlagen. Da die zur Sterilisation von Lebensmitteln notwendige Dosis jedoch bis zu zehntausend Mal höher ist als die für den Menschen tödliche Strahlenmenge, hat man natürlich  wieder Abstand davon genommen. Vor allem im Ausland wird ein –  wenn auch nur niedriger – Gammabeschuss in manchen Fällen allerdings immer noch vorgenommen, denn

  • bestrahlter Weizen erhöht das Brotvolumen,
  • bestrahltes Dörrobst trocknet schneller und verliert seine Zähigkeit,
  • Gammastrahlen beschleunigen die „Reifung“ von Spirituosen,
  • bei faden Karotten kommt es zur Aromaverstärkung,
  • die Saftausbeute aus Früchten lässt sich steigern,
  • die Keim- und Austriebshemmung von Kartoffeln und Zwiebeln wird reduziert,
  • bei Champignons verzögert sich die Hutöffnung etc.

Eine Kontrolle bestrahlter Gemüseimporte an den Grenzübergängen ist schon aus organisatorischen Gründen nicht möglich. Keiner kann genau sagen, wie viel bestrahlte Ware Jahr für Jahr auf den deutschen Markt gelangt. Durch radioaktive Bestrahlung werden vor allem die Vitamine A, B, C, E und K geschädigt. Das durch ausgelaugte Böden ohnehin schon vitamin- und mineralstoffarme Gemüse wird auf diese Weise zusätzlich entwertet.

Weißer Zucker und der Heißhunger auf Süßes

Psychische Befindlichkeitsstörungen werden immer noch viel zu selten mit Dysbalancen im Zucker-, Vitamin- und Mineralstoffwechsel in Verbindung gebracht. Leidet ein Patient an Schwäche, Schwindelgefühlen, Reizbarkeit, Panikattacken, depressiven Verstimmungen und Konzentrationsstörungen, kann es ihm passieren, dass er eher die Diagnose „Vegetative Dystonie“ oder „Posttraumatisches Stress-Syndrom“ erhält, als dass der Arzt mit ihm eine gründliche Ernährungsanamnese und -beratung durchführt. Die Wahrscheinlichkeit ist nämlich nicht gering, dass bei seinen wiederkehrenden Schwächezuständen eine „nahrungsbedingte Hypoglykämie“ (Unterzucker) vorliegt.

Dem Zuckerstoffwechsel kann man gar nicht genug Beachtung schenken, denn Zucker verfügt über ein beachtliches Suchtpotential: Durch häufige hohe Insulinausschüttungen, z. B. nach dem Verzehr einer halben Tafel Schokolade, gewöhnt sich der Körper an hohe Insulinspiegel. Es entsteht die sogenannte Hyperinsulinämie. Ist der Insulinspiegel hoch, wird der Zucker aus dem Blut schnell in die Körperzellen eingeschleust. Die Folge ist, dass der Blutzucker rasch absinkt, also auch rasch wieder ein Unterzucker eintreten kann. Unterzucker wiederum löst Hungergefühle aus.

Wird der menschliche Organismus häufig mit Produkten aus raffiniertem, also (weißem) Einfachzucker bombardiert, braucht der Betroffene einen überdurchschnittlich hohen Blutzuckerspiegel und – davon ausgelöst – auch einen hohen Insulinspiegel, um sich wieder einmal richtig satt fühlen zu können. Verantwortlich dafür ist der Sättigungsfaktor Leptin, der im Laufe der Zeit erst bei immer höheren Insulinspiegeln ausgeschüttet wird.

Ein Mensch, der sich dagegen vorzugsweise von komplexen Zuckerverbindungen (Stärke) wie Kartoffeln, Obst und Gemüse ernährt, die den Insulinspiegel nicht so schnell und nicht so stark in die Höhe schießen lassen, ist schon bei viel geringeren Blutzuckerspiegeln satt. Der Sättigungsfaktor Leptin wird bei ihm schon bei viel niedrigeren Insulinspiegeln ausgeschüttet. Der Zuckersüchtige hingegen muss sich Kuchen, Süßigkeiten usw. mit einem hohen Anteil an konzentriertem Einfachzucker einverleiben, um den hohen Blutzucker- und Insulinspiegel zu erreichen, der nötig ist, damit er sich gesättigt fühlen kann. Den Teufelskreis von Hyperinsulinämie > Unterzucker > psychischer Labilität und Hungergefühl > Süßigkeitenkonsum und erneuter Hyperinsulinämie zu durchbrechen, ist ausgesprochen schwer. Die oben geschilderten Symptome des Unterzuckers üben einen massiven psychischen Druck aus, sich möglichst bald wieder mit Einfachzucker zu versorgen. Nur eine Ernährungsumstellung mit weitgehendem Verzicht auf Industriezuckerprodukte und stattdessen die Bevorzugung von komplexen Kohlenhydraten, wie sie in Kartoffeln, Vollkorngetreide, Obst und Gemüse vorhanden sind, führen zu einem früheren Sättigungsgefühl und einer besseren Balance auch im psychischen Befinden.

Die Unruhe des hyperaktiven Kindes (ADHS) als Folge einer gestörten Körperchemie

ADHS-Kinder zeigen häufig Verhaltensauffälligkeiten, die in der Vergangenheit als psychische Störung fehlgedeutet wurden. Dabei sind gerade diese Kinder oftmals hochbegabt, leben aber aufgrund eines Vitamin- und Mineralstoffmangels in einer Welt des Chaos. Die Betroffenen reagieren auf Stress überaus empfindlich.

In den vergangenen Jahren hat man festgestellt, dass es vor allem ein Zink- und Vitamin B6-Mangel ist, der für Unruhe und Konzentrationsstörungen von ADHS-Kindern zu einem großen Teil mitverantwortlich ist. Bei vielen von ihnen liegt eine sog. Kryptopyrrolurie (KPU) vor. Pyrrole sind Substanzen, die normalerweise an Gallensäuren gebunden und mit dem Stuhl über den Darm ausgeschieden werden. Bei Kryptopyrrolurie findet die Ausscheidung der Pyrrole mit dem Urin über die Nieren statt. Pyrrole gehen im Blut unlösliche Verbindungen mit Vitamin B6 und Zink ein. Die Folge: Im Organismus kommt es zunehmend zu einer Abnahme des Vitamin B6– und Zinkspiegels. Auch die Spiegel für Mangan und Magnesium verringern sich. Da Vitamin B6 für die Produktion von Vitamin B3 aus Tryptophan zuständig ist, nimmt auch der Vitamin B3-Spiegel ab. Die Kaskade von Defiziten im Vitamin- und Mineralstoffhaushalt zieht eine Vielzahl von emotionalen Störungen nach sich.

Interessanterweise kommen in der Familie von ADHS-Kindern häufig Erkrankungen vor, die auf eine genetische Veranlagung zu KPU schließen lassen: Depressionen, manisch-depressive Krankheitsbilder, Alkoholabhängigkeit, Drogenmissbrauch oder dissoziale Persönlichkeitsstörungen. Erst ist den letzen Jahren hat man entdeckt, dass zahlreiche bisher als „psychiatrisch“ eingestufte Erkrankungen auf eine Störung im Pyrrol-Stoffwechsel zurückzuführen sind. Die psychiatrische Regeltherapie mit Psychopharmaka muss in diesen Fällen als Fehlbehandlung hinterfragt werden. Oft könnte man mit der Gabe von Vitamin B6 und Zink weitaus bessere Erfolge erzielen.

Eine Kryptopyrrolurie wird nicht als eigenständige Erkrankung betrachtet, da es sich bei ihr um eine Normvariante des Pyrrolhaushaltes handelt, die bei etwa 10 % der Bevölkerung vorhanden ist. Unter normalen Lebensbedingungen – einer vitamin- und mineralstoffreichen Ernährung – kommt es zu keinen Symptomen. Doch das Vorhandensein von KPU in Verbindung mit denaturierter Kost ist für die Betroffenen eine Einbahnstrasse in Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsdefizite, die sich nur mit Zink- und Vitamin B6-Substitution bzw. mit einer hochwertigen und ausgewogenen Ernährung ausheilen lässt. Carl C. Pfeiffer, ein Pionier der orthomolekularen Medizin, pflegte diesbezüglich zu sagen: „Es wäre besser, wenn die Leute anstatt beim Essen noch einmal mit Pfeffer und Salz zu würzen, Vitamin B6 und Zink dazu nehmen würden.“ Durch die Raffinierung der Lebensmittel kommt es zu einer starken Zinkverarmung unserer Kost. Wenn sich dazu die zahlreichen Vitamin B-Gegenspieler gesellen, die sich z. B. als Mittel zur Reifungshemmung von Obst finden, wundert es nicht mehr, warum unsere sensibelsten und empfindlichsten Mitmenschen – Kinder – immer häufiger „ausrasten“.

Die Entscheidung für Obst und Gemüse aus biologisch-dynamischen Anbau, für Fleisch aus artgerechter Tierhaltung und für eine sinnvolle Ergänzung der täglichen Ernährung mit ausgewählten Nahrungsergänzungen ist bei vielen körperlichen und seelischen Störungen oftmals schon mehr als die halbe Therapie.

 

© Margret Rupprecht

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