Wachstumsschmerzen bei Kindern

Sie sind harmlos, aber quälend, können plötzlich auftreten, verschwinden meist aber recht bald: Wachstumsschmerzen bei Kindern. Jedes zweite bis dritte Kind im Kindergarten- und Grundschulalter klagt gelegentlich bis häufiger über Schmerzen im Unter- oder Oberschenkel. Die Beschwerden haben keine klare Ursache, treten meist symmetrisch und gleichzeitig an beiden Beinen auf, sind dumpf und vom Kind schwer zu beschreiben. Auch wenn Wachstumsschmerzen nur ein vorübergehendes Überlastungssymptom sind, können sie das Allgemeinbefinden des Kindes und seinen Schlaf in der Nacht erheblich beeinträchtigen.
Wenn Großwerden weh tut, brauchen Kinder vor allem eines: Liebe und Wärme.

Wachstumsschmerzen: Ursachen und Symptome

Jedes Kind wächst anders. Das eine ist größer als der Altersdurchschnitt, das andere kleiner. Manche Kinder entwickeln sich langsam und wachsen noch, wenn andere schon damit aufgehört haben. Und manche durchlaufen alle Entwicklungsstufen derart schnell, dass sie deutlich früher ausgewachsen sind als andere. Doch bei allen läuft Wachstum gleich ab: indem sich die Knochen verlängern. Am Ende der Röhrenknochen liegt zwischen Knochenkopf und Knochenschaft die sog. Epiphysenfuge. Diese sondert Knorpelzellen Richtung Schaft ab, die später nach und nach verkalken. So verlängern sie den mittleren Knochenteil. Die Epiphysenfuge ist im Vergleich zum harten Knochen weich und daher auch anfälliger für Überlastungssymptome. Wachstumsschmerzen spielen sich in und um diesen sensiblen Bereich herum ab. Sie treten typischerweise nachmittags, abends oder in der Nacht auf. Besonders häufig entstehen sie nach intensiver körperlicher Aktivität, z. B. Spielen im Freien oder Sportunterricht.

Selten kommt es vor dem dritten Lebensjahr zu Wachstumsschmerzen; dafür können sie bei entsprechend veranlagten Kindern immer wieder auftreten, und zwar bis zum Beginn der Pubertät. Die Beschwerden ereignen sich vor allem in Phasen, in denen Kinder einen Wachstumsschub durchmachen. Immerhin sind beispielsweise die kniegelenknahen Epiphysenfugen zu zwei Dritteln am gesamten Beinwachstum beteiligt. Hier kann der Knochen pro Tag um 0,2 Millimeter zulegen – eine beachtliche Leistung! Sehnen und Bänder kommen dann nicht mehr mit und rebellieren, vor allem wenn sie bei diesem Wachstumstempo auch noch durch Sport und Herumtoben beansprucht werden. Dass Wachstumsschmerzen viel mit akuter Belastung zu tun haben, zeigt sich an ihrem bevorzugten Auftreten im Beinbereich. Schmerzen in den Armen sind eher selten.

Nach Bauch- und Kopfschmerzen zählen diffuse Wachstumsschmerzen zu den häufigsten Beschwerden im Kindesalter. Meist können sich Eltern und Grosseltern noch gut daran erinnern, dass sie zu ihrer Kinderzeit ähnliche Symptome entwickelt haben. Untersuchungen haben gezeigt, dass es eine Veranlagung zu Wachstumsschmerzen gibt. In manchen Familien kennt man das Phänomen sehr gut, in anderen überhaupt nicht.

Wachstumsschmerzen von echten Krankheiten abgrenzen

Wachstumsschmerzen sollte man von Gelenkschmerzen klar unterscheiden. Wachstumsschmerzen finden sich eher in den Bereichen von Muskulatur und Knochen, weniger im Gelenk selbst. Um nichts Wichtiges zu übersehen, sollten sich Eltern die Beine sehr genau anschauen: Denn wenn Gelenke gerötet und geschwollen sind oder das Kind Fieber hat, handelt es sich nicht um Wachstumsschmerzen, sondern um eine Infektionskrankheit, die den Bewegungsapparat in Mitleidenschaft zieht. Schwellungen und Rötungen im Gelenkbereich ohne Fieber weisen auf eine Prellung oder Bänderdehnung hin. Auch wenn das Kind humpelt, Schmerzen beim Auftreten hat oder ihm schon das passive Durchbewegen eines Beines weh tut, sollte man einen Arzt aufsuchen. Wiederkehrende Schmerzen in den Beinen können ein Hinweis auf falsches Schuhwerk sein. Hat das Kind möglicherweise eine Neigung zum Spreizfuß oder zu X- und O-Beinen? Bei Verdacht auf eine Infektion oder auf Beinfehlstellungen sollte ein Kinderarzt bzw. Orthopäde hinzugezogen werden.

Man kann erst sicher davon ausgehen, dass es sich „nur“ um harmlose Wachstumsschmerzen handelt, wenn das Kind fieberfrei ist, keine Gelenksymptome zeigt, weder beim Gehen hinkt und auch sonst relativ munter wirkt. Kommen die Beschwerden häufiger vor, ist eine Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung sinnvoll. Dies gilt vor allem beim sog. „Hüftschnupfen“, einer flüchtigen Hüftgelenksentzündung bei Kindern zwischen drei und acht Jahren, deren Ursache unbekannt ist und die meist folgenlos abheilt. Der Arzt kann bei der Ultraschalluntersuchung einen leicht verbreiterten Gelenkspalt mit einer kleinen Flüssigkeitsansammlung feststellen. In diesem Fall sollte sich das Kind einige Tage schonen und viel liegen – was bei Wachstumsschmerzen nicht nötig ist. Sie treten ohnehin meist abends bis nachts auf und sind am nächsten Morgen ebenso schnell verschwunden wie sie gekommen sind.

Schwerwiegendere Diagnosen, mit denen man Wachstumsschmerzen leicht verwechseln kann, sind neben infektionsbedingten auch rheumatisch verursachte Schmerzen oder Schmerzen als Folge von Krebserkrankungen wie Leukämie oder bösartigen Tumoren, ferner lokale entzündliche oder nicht-entzündliche Prozesse an der Wirbelsäule. Hier hat das Kind auch am Morgen Beschwerden, was für den klassischen Wachstumsschmerz absolut untypisch ist.

Wachstumsschmerzen: Seelische Ursachen?

Wenn ein Kind auffällig häufig an Schmerzen rund um die Epiphysenfugen leidet, lohnt sich ein Blick auf mögliche psychosomatische Ursachen. „Wachstum“ ist manchmal auch ein schmerzhafter Prozess, was jeder weiß, der auch in höherem Lebensalter in eine anstrengende und herausfordernde neue Situation hineinwachsen musste. Bei Kindern ist es besonders wichtig, dass seelische Entwicklungsprozesse mit dem körperlichen Längenwachstum Schritt halten können. Kinder müssen relativ rasch hintereinander, also in wenigen Jahren, einzelne Stationen ihres Lebens wie Krabbelgruppe, Kindergarten oder Grundschulzeit und schließlich die ganze Kindheit hinter sich lassen. Ihr „inneres Kind“ sollte dabei mithalten können. Wenn auf Kindern zu viel Leistungsdruck lastet, sie überfordert werden oder in Phasen von körperlichen Wachstumsschüben von ihnen auch auf der inneren Ebene zu viel verlangt wird, bleibt die seelische Entwicklung „auf der Strecke“. Das schmerzt. Der psychosomatische Arzt Ruediger Dahlke erzählt in diesem Zusammenhang eine interessante Geschichte: Ein weiser Indianerhäuptling wurde von einem Chauffeur aus dem Reservat abgeholt, der ihn in Windeseile zu einem Kongress fahren sollte. Der Häuptling ließ den verzweifelten Fahrer jede Stunde anhalten, obwohl die Zeit drängte, setzte sich auf den Boden und tat – nichts. Der Chauffeur fragte ihn irritiert: „Was machen Sie denn da? Wir haben es eilig.“ Der Häuptling erwiderte ihm darauf stoisch: „Ich warte, bis meine Seele nachkommt.“

Wenn heute von „Tigermüttern“ hochgezüchtete Hochleistungskinder sechs Stunden Schulunterricht, Hausaufgaben, Musikunterricht, tägliches zweistündiges Klavierüben, Leistungssport und diverse Volkshochschulkurse bewältigen müssen, kann ihre Seele oft nicht mehr mitkommen und der Körper reagiert mit Schmerzen. Dann ist Innehalten angesagt. Kinder sollten harmonisch wachsen dürfen und in jedem Augenblick und auf allen Ebenen mit der ihnen abverlangten Entwicklung innerlich Schritt halten können. Dazu gehört viel zweckfreie Zeit im Alltag und ausreichend Freiräume zum Spielen und Experimentieren. Dann verschwinden die Wachstumsschmerzen oftmals von selbst.

Wachstumsschmerzen: Praktische Tipps zur Selbstbehandlung

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© Margret Rupprecht

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