Heilpflanzen haben neben ihrem üblichen deutschen oder botanischen Namen oft eine Fülle an volkstümliche Bezeichnungen. Betrachtet man diese ein wenig näher, verraten sie viel über das Pflanzenwesen. Zum Beispiel beim Frauenmantel, dessen landläufige Bezeichnungen die beiden Aspekte des Weiblichen und des Umhüllenden beinahe ausnahmslos zum Ausdruck bringen: Liebfrauenmantel, Jungfernmantel, Mäntelchenkraut oder Taubecherl. Bevor Alchemilla als „Liebfrauenmantel“ mit der Gottesmutter Maria in Verbindung gebracht wurde, hatten die Germanen die Pflanze bereits der Frigga geweiht, der Göttin der Natur und der Fruchtbarkeit.
Keine andere Pflanze erzählt durch Gestalt und Verhalten so viel vom Genuinen des weiblichen Wesens wie Alchemilla vulgaris. Die außerordentliche Wertschätzung des Frauenmantels – die Alchemisten nahmen die Tautropfen aus ihren Drüsenhaaren als Ausgangssubstanz für die Herstellung ihrer Lebenselixiere – rührt von der einfachen Tatsache, dass die Pflanze als Inbegriff weiblicher Wesenseigenschaften wahrgenommen wurde.
Auch die Frau birgt in sich etwas Umhüllendes: den Uterus. Das englische Wort woman leitet sich ab von man with a womb – Mensch mit Gebärmutter. Der Mutterschoß, mit dem sich die Frau als entscheidend „anders“ vom Mann abgrenzt, galt in früherer Zeit als heilig, weil neues Leben nur durch ihn kommen kann. Die ganze Bewegung des menschlichen Lebens geht durch den weiblichen Schoß; er ist das Tor zur Welt. Und weil es die Frau ist, die ihn in sich birgt, gelten Empfänglichkeit und Umhüllung als zutiefst weibliche Weseneigenschaften. Der Mutterschoß ist eine Öffnung, eine Einladung für das Unbekannte. Er macht die Frau zur Gastgeberin und den Mann wie auch das Kind zum Gast. Der Uterus ist die Pforte, über die ein Mensch aus dem Energiefeld des Kosmos in seine irdische Inkarnation eintritt.
Das Medial-Empfängliche des weiblichen Wesens kann sich leiblich in der Mutterschaft oder übertragen in Form anderer kreativer Prozesse seinen Weg bahnen. Während das männliche Wesen linear und zielgerichtet ist, ist das Weibliche rund, umhüllend und zyklisch. Frauen wissen, dass das Leben ein Kreislauf von sich wiederholenden Möglichkeiten ist und es immer wieder etwas Neues zu empfangen gibt. Wieder und wieder kommt eine Gelegenheit, etwas zur Welt zu bringen. Die Pflanze Alchemilla vulgaris bringt dies mit ihrer Gestalt und ihrem Verhalten zum Ausdruck.
Der Name „Taubecherl“ beruht eigentlich auf einem Missverständnis: Die wasserklaren Tropfen, die sich am Grunde eines Frauenmantelblattes sammeln, sind aber kein Tau, auch wenn sie morgens und am Vormittag besonders reichlich zu finden sind. Die silbernen Tropfen werden von den Wimpernhaaren des Blattrandes gebildet und laufen anschließend am tiefsten Punkt des mantelartig gefältelten Blattes zusammen. Aufnehmen, sammeln und behüten sind Fähigkeiten, die Alchemilla dem Betrachter mit ihren Tropfen gleichsam vorlebt. Ergänzt werden diese Qualitäten durch ein weiteres, sehr „weibliches“ Gestaltmerkmal: Die Frauenmantelfrucht ist eingehüllt von einem weichen, glatten Kelchbecher, ist mit ihm jedoch nicht verwachsen. Das ist für die Gattung und Art der Rosaceen, zu denen auch Alchemilla gehört, eher unüblich. Der Frauenmantel schützt seine Frucht, lässt sie aber für sich als abgeschlossenes Ganzes existieren, ähnlich wie ein Embryo in der Gebärmutter. Von den stärkenden Kräften, mit denen Frauenmantel die Schwangeren unterstützt, erzählt Kräuterpfarrer Künzle eine schöne Geschichte: „Einer Frau im Glarnerland, welche schon zehn Geburten durchgemacht hatte, wobei die letzten drei sie zwischen Leben und Tod brachten, prophezeiten die Ärzte, die elfte Geburt werde ihr den sicheren Tod bringen. Diese elfte Geburt kam wirklich, brachte jedoch keineswegs den Tod, war auch keine Fehlgeburt, sondern die leichteste und beste von allen elfen, und das Kind war das schönste und stärkste von allen. Wie war dies nun gekommen? Die gute Frau hatte auf den Rat eines Kräutermannes vom dritten Monat an täglich eine Tasse Frauenmänteli getrunken.“
Die vom östlichen Nordamerika über Europa und Asien verbreitete und bis zu 30 cm hohe Halbrosettenstaude wurde bereits in vorchristlicher Zeit zu Heilzwecken verwendet. Die Germanen setzten Alchemilla vor allem zur Zeit des abnehmenden Mondes ein, der „weiblichen“ Phase des Mondzyklus. Hildegard von Bingen verwendete den Frauenmantel sehr vielseitig: Als zusammenziehendes Mittel bei geschwürigen Erkrankungen, zur Förderung von Menstruation und des Wasserlassens sowie zu Mundwässern, Bädern und Umschlägen. Auf die gynäkologischen Wirkungen der Pflanze spielt ein alter Segensspruch an: „Wem ein Kind zerbrochen (Fehlgeburt), der nehme Sinau (Alchemilla) und halte es warm zu den Gemächten.“
Nach Paracelsus kann Frauenmantel jede innere und äußere Wunde heilen. Als „recht Wundtkraut“ lobt auch sein Zeitgenosse Lonicerus die Alchemilla. Noch bis ins 19. Jahrhundert steht die wundheilende Wirkung der Pflanze im Vordergrund. Die ersten Hinweise auf ihre Vorzüge für die Frauenheilkunde finden sich bei dem Kräuterheilkundigen Weinmann in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts, der den Frauenmantel bei Scheidenausfluss und zu lang dauernden Monatsblutungen empfahl.
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