Unerfüllter Kinderwunsch

Kinderlosigkeit ist eine Zeiterscheinung, die in starkem Maße zugenommen hat: 15 % aller Paare in Deutschland werden in ihrer fruchtbaren Lebensphase nicht zu Eltern. Etwa jede dritte Frau hat über längere Zeit mit einer verzögerten oder nicht eintretenden Schwangerschaft zu kämpfen. Die Reproduktionsmedizin hat dagegen diverse ausgefeilte Behandlungsmöglichkeiten entwickelt. Werden sie eingesetzt, bevor die Frau gynäkologisch zu alt wird, kann die sog. „Baby-take-home“-Rate, wie es im Fachjargon heißt, deutlich gesteigert werden. Bei 5 % aller Paare bleibt die Sehnsucht nach einem Kind trotz aller Technik unerfüllt. Und nicht wenige, die dank In-vitro-Fertilisation doch noch Eltern geworden sind, machen die Erfahrung, dass ein „Kind um jeden Preis“ kein sicherer Garant für das von ihnen erwartete Lebensglück darstellt. Vielmehr kann es tiefe Probleme der Paarbeziehung, die häufig die eigentliche Ursache für den unerfüllten Kinderwunsch darstellen, eine gewisse Zeit überdecken, aber nicht aus der Welt schaffen. Im Umgang mit unerfülltem Kinderwunsch ist ein Wechsel der Perspektive wichtiger denn je.

Unfruchtbarkeit: Mögliche körperliche Ursachen

Gynäkologen sprechen von Sterilität, wenn trotz regelmäßigem, ungeschütztem Geschlechtsverkehr innerhalb von zwei Jahren keine Schwangerschaft eingetreten ist. Bei der primären Sterilität kam es noch nie zu einer Schwangerschaft, bei der sekundären erfolgt keine erneute. Davon abzugrenzen ist die Infertilität (Zeugungsunfähigkeit bzw. die Unfähigkeit, eine eingetretene Schwangerschaft auszutragen) und die Subfertilität, unter der man eine reduzierte oder verzögerte Empfängnisfähigkeit versteht.

Unter den heute vielfach gepflegten Lebensgewohnheiten gibt es zahlreiche, die sich auf die Fortpflanzungsfähigkeit dämpfend auswirken: Rauchen, regelmäßiger Konsum von Alkohol, Kaffee oder schwarzem Tee, Fastfood und eine denaturierte Ernährung mit dadurch bedingtem Vitaminmangel (B-Vitamine und Folsäure!), Über- oder Untergewicht, Dysstress, chronische Belastungen des vegetativen Nervensystems, Schicht- und Nachtarbeit, Schlafmangel, Leistungssport, Medikamente, Drogen, Schwermetallbelastungen und andere Umweltgifte oder internistische Erkrankungen wie z. B. Diabetes. Wenn Kinderwunschpatienten bereit sind, sich vollwertiger zu ernähren, mehr zu schlafen und schädigende Genussmittel deutlich zu reduzieren, stellt sich nach einer gewissen Zeit oft die ersehnte Schwangerschaft doch noch ein.

Kritischer sind organische Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit. Beim Mann zählen dazu beispielsweise Harnwegsinfekte, Mumps in der Kindheit, Prostataentzündung, Hodenhochstand, Unfälle mit Hodenverletzungen oder Operationen im Genital- und Bauchraum. Die wichtigste Leitfrage bleibt diejenige nach der Qualität der Spermien. Als Normwerte hat die Weltgesundheitsorganisation bereits 1999 festgelegt:

  • Dichte: mindestens 20 Mio. Spermien pro Milliliter
  • Beweglichkeit: mindestens 50 % bewegliche Spermien
  • Aussehen: mindestens 30 % normal geformte Spermien

Einmalig durchgeführte Spermiogramme sind meist nicht aussagekräftig genug, da die Ergebnisse durch Karenzzeiten, Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs und jahreszeitenbedingt variieren.

Eine eingeschränkte Fruchtbarkeit bei der Frau ist durch Komplikationen bei früheren Geburten, Eileiterschwangerschaften, Abtreibungen und Fehlgeburten möglich, ferner durch Endometriose, mangelnde Eileiterdurchgängigkeit oder hormonelle Störungen.

Die reproduktionsmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und sollen hier nicht im Einzelnen erläutert werden. Sie reichen von einer Anregung der Samenbildung und Verbesserung der Samenqualität beim Mann über hormon- und mikrochirurgische Behandlungen der Frau bis hin zu den „großen“ Verfahren wie intrauteriner Insemination, In-vitro-Fertilisation, intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (Injektion einer Samenzelle direkt in die Eizelle) und intratubarer Einführung von Keimzellen, befruchteten Eizellen oder Embryonen.

Unfruchtbarkeit: Mögliche seelische Ursachen

In einem Klassiker der Zen-Literatur, Zen in der Kunst des Bogenschießens von Eugen Herrigel, sagt der Meister dem Schüler „Unterlassen Sie es doch, an den Abschuss zu denken. Denken Sie an ihn, so muss er misslingen!“ „Ich kann nicht anders“, erwiderte der Schüler, „die Spannung wird geradezu schmerzhaft.“ Treffender kann man das Kernproblem, um das es auch beim unerfüllten Kinderwunsch geht, nicht beschreiben. Denn: Das Paar und die Ärzte konzentrieren sich ausschließlich auf das „zukünftige“ Kind. Sie denken sozusagen immerzu an den „Abschuss“. Doch so kann kein Kind entstehen – und wenn es das doch tut, dann ist es fast ein gewaltvoller Akt. „Sie können von einem gewöhnlichen Bambusblatt lernen, worauf es ankommt. Durch die Last des Schnees wird es herabgedrückt, immer tiefer. Plötzlich rutscht die Schneelast ab, ohne dass das Blatt sich gerührt hat. Verweilen Sie, ihm gleich, in der höchsten Spannung, bis der Schuss fällt. So ist es in der Tat: wenn die Spannung erfüllt ist, muss der Schuss fallen, er muss vom Schützen abfallen wie die Schneelast vom Bambusblatt, noch ehe er es gedacht hat.“ (Herrigel)

Viele ungewollt kinderlose Paare können nicht „un-bekümmert“ warten, bis ein Kind zu ihnen kommt. Sie verstehen nicht, dass ein Kind vor allem dann an ihre Tür klopft, wenn sie ihre Liebe und ihre Beziehung als Paar „zwecklos“ zu feiern verstehen.

Im therapeutischen Gespräch fällt auf, dass kinderlose Paare ihre Beziehung häufig sehr positiv beschreiben und die zwischen ihnen herrschenden Spannungen und Konflikte sorgfältig ausblenden. Dass sie oftmals schon lange in einer Zweckbeziehung leben, sich nicht selten nur noch wenig zu sagen haben und noch weniger zu „feiern“, fällt ihnen häufig gar nicht mehr auf. Um es provokant zu formulieren: Eine wirklich glückliche und erfüllte Beziehung „braucht“ kein Kind… sie bekommt aber vielleicht eins geschenkt.

Die emotionalen Ursachen für Sterilität werden in der reproduktionsmedizinischen Betreuung kinderloser Paare praktisch ganz außer Acht gelassen. Wie wichtig es ist, dass dieser Mann und diese Frau sich fragen, ob sie sich gegenseitig und ihre Beziehung wirklich noch wollen, zeigen die vielen Beispiele, bei denen ein angeblich steriler Mann bzw. eine angeblich sterile Frau nach einer Trennung in einer neuen Beziehung doch noch Vater und Mutter geworden sind. Nicht jedes Paar, das vergeblich auf ein Baby wartet, muss sich gleich trennen. Aber ein existentielles Hinterfragen der Beziehung, der Authentizität des Kinderwunsches und der dadurch belasteten Liebe zueinander, wäre ein besserer Weg als die „Produktion“ eines Kindes mithilfe einer Batterie technischer Raffinessen.

Praktische Tipps bei Unfruchtbarkeit:

Heilpflanzen zur Verbesserung der Empfängnisfähigkeit

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Abschied und Neubeginn

Die Therapie des unerfüllten Kinderwunsches wird von der Schulmedizin, aber auch von der Naturheilkunde viel zu stark unter Machbarkeitsaspekten praktiziert. Da „funktionieren“ zwei Menschen nicht so, wie es die Norm vorsieht. Dass es möglicherweise für beide ein Segen ist, nehmen Betroffene und Behandler viel zu selten wahr.

Staat und Kirche wünschen sich kinderreiche Familien, um in Zukunft möglichst viele Steuerzahler zu haben. Auch deshalb werden Kinder als „Erfüllung“ und Kinderlosigkeit als Zustand des „Unerfülltseins“ verkauft. Das führt dazu, dass kinderlose Paare traurig und neidvoll auf Paare schauen, die es „geschafft“ haben, Eltern zu werden.

Die Wirklichkeit sieht aber oftmals ganz anders aus: Kinder sind für eine Beziehung nicht nur ein Glück, sondern auch eine enorme Belastung. Wer Kinder hat, weiß davon ein Lied zu singen. Nur kinderlose Paare überbewerten des Thema Kind und laden es mit einer gehörigen Portion an unrealistischen, idealisierenden und romantischen Vorstellungen auf. Statistiken haben dagegen längst erwiesen, dass kinderfreie Ehen im Durchschnitt glücklicher sind als Ehen mit Kindern. Und eine der Hauptursachen für die Zunahme von Scheidungen sind … Belastungen durch Kinder, Uneinigkeit in Erziehungsfragen, das Sich-Verlieren als Paar, Geldsorgen als drei-, vier- oder fünfköpfige Familie, Stress durch Doppelbelastung und Überarbeitung in Beruf und Familie und so weiter. Wie privilegiert und erfüllend dagegen eine kinderfreie Beziehung sein kann, können viele Paare erst im fortgeschritteneren Alter erkennen. Kinderfreiheit schafft Freiräume, die man mit Aufgaben füllen kann, die – wenn man ehrlich zu sich ist – einem manchmal mehr Erfüllung schenken als das tägliche Zusammenleben mit Kindern. Darauf hinzuweisen ist vielleicht nicht unbedingt „politisch korrekt“, es wäre aber ehrlicher, wenn man auch diese Aspekte einem ungewollt kinderlosen Paar vermittelt, anstatt z. B. als Reproduktionsmediziner mit diesen Männern und Frauen vor allem lukrative Geschäfte machen zu wollen.

Dass sich Kinderlosigkeit zur Kinderfreiheit entwickeln kann und damit Räume der Selbstverwirklichung ermöglicht, die Eltern meist nicht mehr offen stehen, ist ein wertvoller Aspekt, der Betroffenen helfen kann, sich von gesellschaftlichen Erwartungen zu emanzipieren und ihre ganz persönliche, ganz eigene Lebensaufgabe zu finden, die möglicherweise nicht darin besteht, ein oder mehrere Kinder groß zu ziehen.

Und unter den Aspekten des ZEN-Weges bleibt die beste Kinderwunschtherapie diejenige, die keine Schwangerschaft mehr anstrebt, sondern dem Mann und der Frau nach einer Neuorientierung als Paar oder nach einer Trennung dazu verhilft, das Leben so zu genießen, wie es eben ist …

© Margret Rupprecht

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