Verstopfung bei Kindern

Unter Verstopfung (Obstipation) versteht die Medizin einen zu harten, zu seltenen oder zu kleinvolumigen Stuhl. Wenn Menschen weniger als drei Mal in der Woche ihren Darm entleeren, gelten sie als verstopft. Viel wichtiger als solche schematischen Definitionen ist jedoch das subjektive Gefühl des Patienten. Jemand, der nur jeden zweiten Tag Stuhlgang hat, kann sich genauso wohl fühlen wie ein Mensch, der zwei Mal täglich zu diesem Zweck das stille Örtchen aufsucht. Während bei Erwachsenen häufig ballaststoffarme Ernährung, Bewegungsmangel oder Hämorrhoiden Ursachen für Darmträgheit sind, liegen die Gründe für eine Verstopfung im Kindesalter oft im seelischen Bereich. Die Kontrolle über den Stuhlgang ist die erste Form von „Machtausübung“ für das Kind. Dies sollten Eltern im Hinterkopf behalten und ihrem Nachwuchs den Freiraum gönnen, selbst zu bestimmen, wann es etwas hergeben möchte – und sei es nur in Form eines stolzen Würstchens.

Verstopfung bei Kindern: Symptome

Ein und dasselbe Krankheitsbild ist bei Kindern und bei Erwachsenen noch lange nicht dasselbe. Dies gilt für kaum ein Symptom so sehr wie für die Verstopfung. Als Patienten sind Kinder keine kleinen Erwachsenen, sondern Persönlichkeiten eigener Art. Bei der Definition der kindlichen Verstopfung ist denn auch der Rahmen deutlich weiter gespannt als beim Erwachsenen: als „normal“ gilt bei den Kleinen eine Stuhlfrequenz von zwei mal wöchentlich bis drei mal täglich. Von einer Verstopfung redet man beim Kind erst dann, wenn der Kot so hart ist, dass der kleine Patient ihn nur mit Mühe herausdrücken kann, oder wenn das Kind Gedeihstörungen zeigt. Während ihrer Babyzeit leiden Kinder, die gestillt oder flaschenernährt werden, fast nie an Obstipation. Die Probleme tauchen erst auf, wenn sie mit fester Nahrung beginnen. Solange Kinder aber zufrieden und gesund sind, nicht über Beschwerden klagen und ihr Kot nicht extrem hart ist, brauchen sich Eltern auch bei selteneren Stuhlgängen keine Sorgen zu machen. Anlass dazu gibt es erst, wenn die Kotballen sehr hart werden, das Kind über Schmerzen und Druckgefühl im Unterbauch klagt und sich in Windel oder Unterhose Spuren von Blut zeigen. Auch Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Appetitmangel, Abgeschlagenheit und ein dicker Bauch können vorkommen. Dann ist eine Abklärung durch den Kinderarzt oder den Gastroenterologen erforderlich, denn hinter den Symptomen können sich angeborene oder erworbene Erkrankungen verbergen wie organische Fehlbildungen im Darmbereich, Schilddrüsenunterfunktion oder eine Regulationsstörung des Enddarms. Eine plötzlich auftretende Verstopfung kann Hinweis auf eine akute Blinddarmentzündung sein. Wenn keine Ursachen dieser Art zu erkennen sind, spricht man von idiopathischer oder habitueller Obstipation.

Die Frage des Ballaststoffanteils in der Nahrung ist auch für kleine Patienten eine sehr zentrale: Kinder, die sich vorwiegend von weißen Brötchen, Nudeln, Reis, Fleisch, Käse, Schokolade und Gummibärchen ernähren, werden seltener die Toilette aufsuchen und häufiger über ein Drücken im Bauch klagen als Kinder, die morgens ein Haferflockenmüsli mit Obst, mittags eine Portion Bulgur mit Gemüse und abends Vollkornbrot zu essen bekommen. Auch kleine Trinkmuffel tun sich schwerer mit ihrem Stuhlgang. Veränderungen in den Lebensgewohnheiten können Kindern ebenfalls auf den Darm schlagen. Dazu gehören die Ferien bei Oma und Opa ebenso wie eine Urlaubsreise in den Süden mit ungewohnten hygienischen Verhältnissen. Der Stuhldrang ist bei Erwachsenen wie bei Kindern morgens nach dem Frühstück am größten. Wenn dann Hektik herrscht oder die große Schwester das Badezimmer blockiert, unterdrücken viele Kinder ihren Stuhldrang. Unruhe auf Schul- oder Kindergartentoiletten ist später auch nicht gerade förderlich, um sein Geschäft noch nachzuholen. Dann ist ein chronisches Gefühl von Verstopftsein fast unvermeidlich.

Verstopfung bei Kindern: Seelische Ursachen?

Wenn der Dickdarm streikt und das Kind nicht zu Potte kommen will, lohnt sich ein Blick auf mögliche seelische Ursachen. Ein Kind lernt erst mit der Zeit, die Funktionen seines Körpers zu kontrollieren. Dadurch erweitern sich seine Möglichkeiten, sich selbst Lust zu verschaffen und Unlust aus dem Wege zu gehen. Irgendwann entdeckt der kleine Mensch, dass die Kontrolle über den Schließmuskel mit Lust verbunden ist. In dieser Phase lieben Kinder auch das Matschen und das Spielen mit Brei, ja sogar mit dem eigenen Kot. Der bewusste Gang auf´s Töpfchen oder auf´s Klo wird dann zum Akt der Freude: zum ersten Mal produziert die kleine Person etwas ganz Eigenständiges und kann mit dem Endergebnis dieser Produktion seine Bezugspersonen erfreuen – oder auch durch Zurückhaltung verärgern. Der Nachwuchs entdeckt, dass er Macht über die Erwachsenen seiner Umgebung besitzt. Und das nutzt er. Wenn diese nämlich zu viel Druck ausüben, wird es für ihn gleichsam zum Akt der Selbstbehauptung, das große Geschäft zu verweigern. Deshalb lautet die Devise: Bloß keinen Druck beim Gang zur Toilette, niemals einen Tadel beim ausbleibenden Geschäft, das man am besten souverän übersieht, und immer ein großes Lob, wenn´s geklappt hat!

Zu den größten Hindernissen für eine entspannte Verdauung gehört eine übereilte und strenge Sauberkeitserziehung. Eltern, die zu früh und mit zu viel Druck ihr Kind dazu anhalten, statt in die Windel ins Töpfchen zu machen, überfordern das kleine Wesen oft mehr, als ihnen bewusst ist. Auch ein überfürsorglicher Erziehungsstil (Overprotecting-Syndrom) ist schädlich. Kinder dürfen nicht zu früh aufs Sauberwerden dressiert werden, sondern sollten lediglich sanfte Anregungen erhalten, ob ihnen das Töpfchen nicht doch allmählich lieber wird als die Windel. Sie sollten aber jederzeit selbst bestimmen können, ob sie es nutzen wollen. Sonst nehmen sie den Ausdruck Mach keinen Scheiß so wörtlich, dass sie am Ende gar nichts mehr machen. Der Stuhl gilt psychosomatisch als das erste Geschenk des Kindes an die Welt. Psychische Belastungen können dazu führen, dass Kinder zu dem unbewussten Entschluss kommen, erst mal zu behalten, was sie haben. Zum Beispiel bei existentiellen Verunsicherungen wie der Geburt eines Geschwisterkindes, der Rückkehr der Mutter in den Beruf, Eintritt in Kindergarten und Schule oder einem Umzug. Wenn Kinder in solchen Situationen emotional begleitet und gestützt werden, tun sie sich leichter mit dem Loslassen ihrer Ängste – und auch ihres Stuhls. Grundsätzlich gilt: Um das Thema Töpfchen sollte es nie einen Machtkampf geben. Denn dabei verlieren Eltern fast immer und die Verstopfungsproblematik verstärkt sich. Kinder, die sich hingegen geliebt und unterstützt fühlen und denen man ein angemessenes Maß an Selbstbestimmtheit zubilligt – gerade was den Toilettengang betrifft -, werden mit ihrer Verdauung selten ein Problem haben. Je gelassener Eltern mit dem Thema umgehen, desto besser wird die Verdauung ihres Kindes sein.

Eltern, deren Nachwuchs trotz gesunder und ballaststoffreicher Ernährung und ausreichendem Trinken unter chronischer Darmträgheit leidet, sollten sich mit den Fragen beschäftigen, woran ihr Kind „festhält“, wo ihm innere Sicherheit fehlt, wo es sich zu wenig äußert, was bei ihm Verlustangst auslöst und ob es die Familiensituation als stabil und sicher genug empfindet. Ehrliche Antworten auf diese Fragen führen meist zum Kern des Problems.

Verstopfung bei Kindern: Praktische Tipps zur Selbstbehandlung

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© Margret Rupprecht

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