Gutartige Prostatavergrößerung

„Man kann nicht immer ein Held sein, aber man kann immer ein Mann sein“, pflegte Goethe einmal zu sagen und ahnte wohl nicht, dass er damit eine Kernaussage zum Thema der männlichen Wechseljahre machte. Die gutartige Vergrößerung der Prostata beginnt bei vielen Männern im selben Lebensjahrzehnt, in dem sich auch bei der Frau einiges ändert: zwischen Mitte vierzig und Mitte fünfzig. Die Lebensmitte ist überschritten. Jetzt lautet eine wichtige Frage: Kann der Übergang von der aufbauenden zur loslassenden Lebenshälfte auch innerpsychisch vollzogen werden?

Wenn – überspitzt formuliert – der „Macher“ nicht zum „Philosophen“ wird, dann meldet sich häufig die Krankheit. Das Festhalten an alten Jugendlichkeits-, Aktivitäts- und Heldenidealen äußert sich körpersprachlich am unfreiwilligen „Festhalten“ des Harns als Folge einer Einengung der Harnröhre durch die Vergrößerung des Prostatagewebes.

Prostatavergrößerung – eine Volkskrankheit

Wie oft ein bestimmtes Krankheitsbild in einer Bevölkerungsgruppe auftritt, sagt viel aus über die Prägung einer Kultur: Die gutartige Prostatavergrößerung, medizinisch „benigne Prostatahypertrophie“ genannt, trifft etwa jeden zweiten Mann über fünfzig. Sie beginnt mit etwa fünfundvierzig Jahren und zeigt im Unterschied zum bösartigen Prostatakarzinom relativ früh schon Symptome, z. B. durch einen schwächer werdenden Harnstrahl und häufigeres nächtliches Wasserlassen. Ab dem siebzigsten Lebensjahr hat fast jeder Mann eine gutartige Prostatavergrößerung. Bei jedem fünften Mann ist sie so ausgeprägt, dass er sich einer Therapie und oft auch einer Operation unterziehen muss. Verbreitung und Kosten dieser Krankheit haben dazu geführt, dass sie von Gesundheitswesen und Krankenkassen als Volkskrankheit eingestuft wird. Wenn man davon ausgeht, dass es eigentlich selbstverständlicher ist, gesund zu bleiben als krank zu werden, darf im Zusammenhang mit der gutartigen Prostatavergrößerung durchaus die Frage gestellt werden: Was macht eine Kultur mit ihren Männern, dass so viele von ihnen an einem zentralen Geschlechtsorgan erkranken?

Prostatavergrößerung: Ursachen

Als mögliche Ursachen lassen sich zwei Gründe diskutieren, und diese sind nicht nur körperlicher Natur. Denn trotz intensiver Forschungen hat die Urologie keine Erklärung für das Entstehen der gutartigen Prostatahypertrophie gefunden. Man vermutet zwar ein altersbedingtes Ungleichgewicht zwischen männlichen (Testosteron) und weiblichen (Östrogen) Sexualhormonen, doch sind hormonelle Dysbalancen wiederum auch oft der körpersprachliche Ausdruck eines seelischen Ungleichgewichts. Und das hat wiederum kulturelle Wurzeln. Man könnte sie zusammenfassen unter den Begriffen „Leistungsdruck“ und „Sinnverlust“. Männern wird oft suggeriert, dass ihr Wert abhängig ist vom Grad an Macht und Einfluss, den sie sich erarbeiten. Das führt zu einer Überbewertung von gesellschaftlichem und materiellem Status –  eine Überbewertung, die sich irgendwann verselbständigt. Dass es daneben noch anderes gibt, das ebenso wichtig ist, passt nicht ins konventionelle Männerbild, z. B. traditionell „weibliche“ Eigenschaften wie Sensibilität oder die Fähigkeit zum Einfühlen und Loslassen. Für den rein leistungs- und karriereorientierten Mann sind das nicht unbedingt die wichtigsten Qualitäten – zumindest so lange nicht, bis die Krankheit zum Anlass wird, ihren Wert zu erkennen. Ein Mann ist auch dann ein Mann oder wird überhaupt erst zum Mann, wenn er es nicht mehr nötig hat, ein toller Hecht oder ein „Held“ zu sein – um erneut auf Goethe zurückzukommen.

Prostatavergrößerung: Symptome

Die gutartige Prostatavergrößerung vollzieht sich in drei Stufen. Im ersten Stadium zeigen sich Symptome wie schwacher Harnstrahl, häufigeres Wasserlassen über Tag und in der Nacht sowie ein verzögerter Beginn des Wasserlassens. Außerdem ist es notwendig, beim Wasserlassen stärker zu pressen.

Das zweite Stadium ist zusätzlich gekennzeichnet durch Restharnansammlung in der Blase, dadurch häufige Blasenentzündungen und in manchen Fällen die Entwicklung von Blasensteinen und Blutungen. Im dritten Stadium der Prostatahypertrophie kommt es zur sogenannten Überlaufblase. Die Blase ist ständig voll, so dass permanent Urintropfen abgehen. Durch den Rückstau des Harns von der vollen Blase in die Nieren kommt es zu Nierenschäden. Ab Stadium II muss daher in der Regel operiert werden, um Nierenschäden vorzubeugen. Ein Teil der Prostata wird endoskopisch entfernt. Diese Operation stellt für die meisten Männer ein ähnliches Trauma dar wie für Frauen die Gebärmutterentfernung. Dazu kommt, dass 15 – 25 Prozent der männlichen Patienten nach einer Prostataoperation über Impotenz klagen.

Je länger man eine gutartige Prostatavergrößerung im Stadium I halten kann, was durch die Wahl passender Arzneimittel durchaus möglich ist, desto länger lässt sich die Notwendigkeit einer Operation hinauszögern. Das Stadium I der gutartigen Prostatahypertrophie ist geradezu eine Domäne der Naturheilkunde.

Prostatvergrößerung: Praktische Tipps zur Selbstbehandlung, auch neben der notwendigen ärztlichen Therapie

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© Margret Rupprecht